Ich hatte mich letztes Jahr für ein Motorola Xoom Tablet entschieden — trotz der vielfältigen Warnungen, den extrem miesen Motorola Support betreffend.
Mein letztes Motorala Gerät war ein StarTac 70 und da das ja nun schon ein paar Jahr her ist, konnte ich in Sachen Motorola Support nicht so recht mitreden — dachte aber: “Wie schlimm kann es schon sein?”. Kurz darauf folgte dann sogar die Ankündigung, google würde nun “Motorola Mobility” kaufen, was ja nur heißen konnte, dass mögliche Support-Probleme der Vergangenheit angehören sollten — einige gingen sogar soweit anzunehmen, damit seien dann ja nun alle Motorola-Geräte praktisch “google experience devices”, was zumindest in Sachen Android ziemlich super ist, denn es bedeutet vor allem zwei Dinge: Erstens: kein proprietärer Hersteller-Quatsch auf und in den Geräten, zweitens: sehr schnelle Updates auf neue Versionen. Das war dann nicht so.
Der wahrscheinlich schlechteste Support aller Zeiten!
Das Tablet wurde damals (Juli 2011) mit Honeycomb 3.1 ausgeliefert, während da schon 3.2 aktuell war. Das Update auf 3.2 kam dann in Europa locker sechs Monate zu spät — etwa zu der Zeit, als Ice Cream Sandwich (ICS) vorgestellt wurde. Aus den vollmundingen Ankündigungen, das Xoom würde damit nun eines der ersten Tablets mit ICS werden, wurde dann natürlich auch nichts und eine Terminverschiebung folgte der nächsten, bis schließlich kürzlich sogar in Frage gestellt wurde, ob das Xoom (MZ 601 = UMTS/Europa) überhaupt jemals ICS bekommen würde. WTF?!
F•CK YOU, Motorola!
Gestern hat’s mir dann gereicht und ich habe mich mal umgesehen, was es so an inoffiziellen Releases für das Tablet gibt …. und zwei Stunden später lief auf dem Tablet ICS 4.0.4 mit allen Funktionen in der ‘Team EOS’ Version — nach ein paar weitgehend problemlosen Update Schritten:
Für alle, die das Update ebenfalls selbst in die Hand nehmen wollen, weiter unten ein paar Infos bzw. die notwendigen Schritte dazu.
Wer selbst nach weiteren Anleitungen suchen will: Von dem ersten Xoom gibt es offenbar sieben unterschiedliche Versionen:
- XOOM Wi-Fi – MZ604, MZ606
- XOOM 3G – MZ601, MZ603, MZ605
- XOOM 4G LTE – MZ600, MZ602
Für die “Nur-WLAN” Versionen (MZ604 und MZ606) gibt es offenbar schon länger diverse ROMs, für die 4G Versionen (MZ600 und MZ602) wird ICS mittlerweile sogar offiziell angeboten. Das MZ605 scheint für den brasilianischen Markt bestimmt zu sein (?), keine Ahnung, wo’s das MZ603 gibt, aber das MZ601 dürfte das das deutsche bzw. europäische 3G Modell sein und es empfiehlt sich, bei allen Hinweisen, Anleitungen, Dateien etc. darauf zu achten, dass sie explizit für das MZ601 (oft mit dem Zusatz “UMTS_Everest”) gedacht sind.
Software
- Android SDK herunterladen und installieren (das SDK benötigt Java, sollte aber meckern, wenn das nicht schon auf dem Rechner vorhanden ist)
- ClockworkMod Recovery (für Motorola Xoom) herunterladen – (Dateiname: “recovery-Tiamat-R4c-100611-1150-cwm.img“) (es gibt auch noch eine Anleitung, die das”eos-recovery-r6” image nutzt, aber das Ding wollte auf meinem Tablet nicht booten)
- Google Apps (GApps) – in diesem Fall “gapps-ics-20120429-signed.zip” (siehe ggf. auch Links unten für neuere Versionen)
- Und natürlich das neue ROM, ich habe das letzte EOS-UMTS-Everest Nightly genommen (“Eos-umts_everest-77.zip“) (siehe ggf. auch Links unten für neuere Versionen)
Vorbereitungen
- eine MicroSD Karte sollte bereitliegen — ich hatte nur eine mit 2 GB, was aber völlig ausreichend war
- diversen Forenbeiträgen nach zu urteilen empfiehlt es sich, das original Motorola USB Kabel aus dem Xoom Lieferumfang zu verwenden
- der Rechner (in meinem Fall Windows 7 SP1 / 64 Bit Home Premium) braucht die notwendigen USB Treiber vom Motorola
- das Tablet wird (verständlicherweise) komplett gelöscht — die Daten, die nirgendwo anders vorhanden sind, sollten also gesichert werden (z.B. Bilder, Downloads etc.)
- von den Apps muss kein Backup angefertigt werden — der Play Store speichert sowohl die kostenlosen als auch die gekauften Apps — wer der Sache nicht traut, kann sich aber mit “ShareMyApps” eine Liste aller Apps erstellen lassen (und z.B. per eMail verschicken). Je mehr Daten mit dem GMail Konto synchronisiert sind, desto komfortabler wird natürlich später die Wiederherstellung.
- die beiden ZIP Files mit dem ROM (EOS UMTS Everest) und den Google Apps (gapps-ics) müssen in das Basis-Verzeichnis der microSD kopiert werden — die sollte als “externe SD Karte” auftauchen, wenn das Xoom mit eingelegter Karte per USB mit dem Rechner verbunden wird. Einige Anleitungen schreiben, die ZIP Files sollten auch noch ins Root-Verzeichnis des internen Speichers kopiert werden (unter /mnt/sdcard), aber diese Kopien habe ich nicht benötigt.
- das ClockworkMod Recovery Image muss (als .img Datei) im platform-tools Verzeichnis des Android SDKs liegen, also in dem Verzeichnis, in dem sich auch adb.exe und fastboot.exe befinden (normalerweis <Installations-Pfad>Android SDKplatform-tools)
- In den Systemeinstellungen des Xoom muss “USB Debugging” aktiviert sein (unter Einstellungen » Anwendungen » Entwicklung » USB-Debugging)
Das Update
Der Update-Prozess selbst ist recht simpel. Die Kommandozeilen-Befehle werden in einer ganz normalen Kommandozeile (“Windows Eingabeaufforderung” cmd.exe) eingegeben. Wer sich die Arbeit mit der korrekten Path-Umgehungsvariablen sparen will, wechselt einfach in das Verzeichnis der Android SDK Platform Tools (siehe oben).
- Xoom normal booten und per USB mit dem Rechner verbinden (ans Netzteil anschließen oder geladenes Xoom verwenden)
- adb reboot bootloader
- Das Xoom startet und oben links in der Ecke des Start-Bildschirms sollte “Starting Fastboot protocol support.” stehen. Den gleichen Zustand kann man übrigens durch Einschalten bei gleichzeitigem Drücken der [leiser] Taste (ca. 5-7s festhalten) erreichen. Vermutlich kann man sich also den obigen Schritt mit dem adb reboot sparen, aber ich wollte bei dem Prozess bleiben, der bei mir gut funktioniert hat.
- fastboot oem unlock
- Die Abfragen sind menügeführt, die Optionen (wie z.B. “I accept” und “Yes”) lassen sich mit der [leiser] Taste durchschalten und mit der [lauter] Taste auswählen.
- fastboot flash recovery recovery-Tiamat-R4c-100611-1150-cwm.img
- fastboot reboot
- Wenn das Xoom nun wieder startet, ca. 3s nach Erscheinen des Motorola-Logos mehrfach die [leiser] Taste drücken, um den Recovery-Modus zu booten. Wenn das nicht auf Anhieb klappt, einfach komplett booten lassen, danach ausschalten und wiederholen.
- Das ClockworkMod ist extrem simpel zu bedienen: Menüpunkte mit [leiser] (=nach unten) und [lauter] (=nach oben) auswählen und mit dem Einschaltknopf auswählen
- wipe data / factory reset auswählen
- wipe cache partition auswählen
- install zip from sdcard auswählen
- Eos-umts_everest-77.zip von der SDKarte auswählen und installieren
- gapps-ics-20120429-signed.zip von der SDKarte auswählen und installieren
- zurück zur obersten Menü-Ebene des ClockworkMod und über “reboot system now” neu starten
Das sollte es dann auch schon gewesen sein.
Der erste Bootvorgang dauert ein bisschen länger (ein paar Minuten), später geht’s dann aber deutlich schneller. Nach der Eingabe der GMail Account-Daten beginnt das Tablet sofort mit dem Restore, wobei die WLAN Daten offenbar zu den Dingen gehören, die sinnvollerweise zuerst synchronisiert werden – ich konnte mich jedenfalls schon nach wenigen Sekunden problemlos mit dem WLAN verbinden. Danach schaufelt der Play-Store alle Apps wieder auf’s Gerät und es sieht so aus, als wären da auch die Apps enthalten, die man irgendwann mal installiert hatte, dann aber wieder gelöscht hat. Ich habe die Gelegenheit jedenfalls genutzt und die automatische Installation abgebrochen, um direkt mal ein bisschen aufzuräumen und nie genutzte Apps gar nicht erst wieder zu installieren.
Das Ergebnis
Bisher funktioniert eigentlich alles: GSM/UMTS, WiFi, Kamera, Screenshot (seit ICS übrigens mit ‘Bordmitteln’ durch [Power] + [Leiser]). Mit der Gesichtserkennung zum Entsperren des Tablets gibt es wohl noch Probleme, aber da ich sowieso nicht vorhatte, die zu nutzen, trifft mich das nicht.
Das Tablet war auch vorher schon sehr ‘flüssig’ zu bedienen, aber mit ICS scheint alles noch ein bisschen geschmeidiger geworden zu sein.
Eine Kleinigkeit gab es dann übrigens doch: Google Mail war offenbar nicht in den GApps enthalten und wird vom Play Store als “This item cannot be installed in your device’s country.” gemeldet, was ein bisschen seltsam ist. Die natürlich trotzdem enthaltene Mail App (quasi die ‘Gleiche in gelb’) funktioniert zwar genauso gut, aber ich habe dann doch einfach das .apk direkt installiert.
Weitere Infos / Quellen
Natürlich habe ich mir das nicht alles selbst ausgedacht — hier sind die wichtigsten Forenbeiträge, die ich dazu gelesen habe:
Na ob das mal so stimmt mit dem “kein proprietärer Hersteller-Quatsch”.
Die “google experience devices” sind — wie google selbst sagt — “100% pure google”.
Mit “proprietärer Hersteller-Quatsch” meinte ich also nicht das, was (ggf. unnötigerweise?) von google selbst mitkommt, sondern so unglaublich notwendige und absolut unverzichtbare (und daher natürlich auch nicht problemlos entfernbare) Zusätze wie den “Citrix Receiver for Android” von Motorola oder “Kies” auf Samsung Geräten.
Jo, so sind wohl aber alle Hersteller 🙁 Seit der Ankündigung stand noch auf der ICS Updateliste von HTC auch das Desire S. Bis zum Release kam kein Statement, dass es keine Desire S Version geben wird (im Gegensatz zu anderen Geräten auf der Liste). 2 Tage nach dem Termin hab ich mal bei HTC nachgefragt und es ist mir mitgeteilt worden, dass es kein ICS geben wird (ich hab noch 2.3.x auf dem Gerät), man aber die Developerversion runterladen kann, die aber wohl nicht weiter gepflegt wird… Grund dafür ist übrigens, dass das blöde HTC Gui nicht rennt auf dem Gerät, wie die sich das vorgestellt haben…